Mein Name ist Tobias und ich bin hier auf diesem kleinen Bauernhof aufgewachsen. Wer aus der Region ist, kennt mich wahrscheinlich, oder zumindest meine Eltern, Franz und Heide. Sie führen hier seit den 80er Jahren eine organisch-biologische Landwirtschaft mit einem hohen Selbstversorgungsgrad und hielten Schafe und Ziegen. Die Hühner, Enten und Bienen gackern, quaken und summen nach wie vor herum. Ihre Produkte verkauften sie ab Hof und zeitweise in Linz. 

Ich hatte also den Luxus, auf diesem schönen Hof umgeben von Natur und Tieren und gefüttert mit gesundem Essen aufzuwachsen. Als Kinder halfen ich und mein Bruder da und dort mit, mussten aber nie große Verantwortung auf uns nehmen und konnten unsere eigenen Wege gehen. 

So entdeckte ich meine Liebe für die landwirtschaftliche Arbeit recht spät: Erst nach dem Gymnasium, einem Auslandsjahr in Indien, einer vierjährigen Studienzeit (Germanistik) in Wien, einigen Jahren als Deutschlehrer im Asylbereich und einem weiteren Auslandsaufenthalt in England gab ich der lang unterdrückten Sehnsucht nach, zu meinen landwirtschaftlichen Wurzeln zurückzukehren. 

Ich bekam die Gelegenheit beim Verein GeLa Ochsenherz eine Anstellung zu bekommen, wo ich auch meine Partnerin Rosa kennenlernte. Innerhalb weniger Monate arbeitete ich mich ein und bekam (dem Vertrauen meiner Kolleg*innen und meinem Ehrgeiz geschuldet) einen Verantwortungsbereich nach dem anderen: Anbau in den vier Folientunneln, Kräuterbereich, Marktfahren, Saatgutvermehrung, Vernetzung, Praktikant*innen-Betreuung usw. Die Arbeit machte mir große Freude, ließ mich viel lernen und bot viele Herausforderungen. Um mein Wissen zu erweitern, absolvierte ich den Bodenpraktiker– Zertifikatskurs bei der Bio Forschung Austria. 

In der Zwischenzeit stieg das Bedürfnis, irgendwann selbst einen landwirtschaftlichen Betrieb aufzubauen: kleiner, ganzheitlicher, unabhängiger – ein Ort, wo genug Raum war, eigene Ideen und Träume umzusetzen. So kam es schließlich im Herbst 2022 zu Rosas und meinem Abschied bei Ochsenherz. Wohin es genau gehen sollte, wussten wir noch nicht. Wir wollten erstmal noch mehr landwirtschaftliche und gemeinschaftliche Projekte und Lebensweisen kennenlernen, weshalb wir uns auf eine halbjährige Reise machten, um bei verschiedensten Höfen und Projekten mitzuarbeiten. 

Es führte uns auf dem Land- und Seeweg nach Frankreich, Spanien, Marokko, durch die West-Sahara, Mauretanien, Senegal und Gambia. Dort beschlossen wir, genug gesehen zu haben und nach Österreich zurückzukehren. In einem langen Prozess kam immer mehr die Klarheit, dass meine Heimat, das kleine Dorf im Mühlviertel, sehr viel zu bieten hatte und es schön wäre, hier unser Glück zu versuchen. So kam ich über viele Umwege zu meinen Wurzeln zurück. Dank meiner Familie, dürfen wir uns hier austoben und nun unser eigenes Projekt aufbauen und so an der Verwirklichung einer unserer Träume arbeiten: ein einfaches gutes Leben für uns, unsere Mitmenschen, unsere Umwelt, unsere Nachkommen.

Mein Name ist Rosa, gebürtige Grazerin (bewusst nicht Steirerin, sonst fragen alle wo denn mein Dialekt geblieben ist) und demnach in der Stadt aufgewachsen. Trotzdem war ich in meiner Kindheit mit meinen Eltern viel in der Natur und schon im Gymnasium hat es mich dann immer öfter zu Freunden aufs Land gezogen. Die Ruhe und die Möglichkeit, direkt vor der Haustür anzupacken, tat mir gut und gab mir ein Gefühl davon, was mein Platz in dieser Welt sein könnte.  Schon immer fühlte ich mich da am meisten bei mir, wo ich mit meinen Händen etwas schaffen konnte. Ob beim Basteln, Blumenkranzbinden, Massieren,  beim Jäten oder Gemüseernten: Wenn ich am Ende des Tages sehe und spüre, was ich gemacht hab, fühl ich mich erfüllt. 

Über eine intensive Auseinandersetzung mit Nachhaltigkeit und Ernährung in meiner Jugend führte es mich schnell zu der Frage: Wie und wo werden unsere Lebensmittel eigentlich angebaut? 

Das erste Jahr, in dem ich dann selbst Pflanzen für unseren Stadtbalkon aufzog, wuchs die Faszination immer mehr. Dieses Wunder von einem kleinen Samenkorn, das zu einer großen Pflanze mit Früchten wuchs und mir dann wieder Samen für das nächste Jahr schenkte, ließ mich nicht mehr los. 

Meinen Weg in die Landwirtschaft fand ich dann mit 19 mit einem zweijährigen Praktikum auf der kleinen Farm, einer SoLaWi südlich von Graz. Diese Zeit, diese Art und Weise zu leben und mit der Erde zu arbeiten, prägte und inspirierte mich sehr und half mir, meinen Weltschmerz in etwas Positives zu transformieren. So entschloss ich tiefer einzutauchen und begann die berufsbegleitende Ausbildung zur Facharbeiterin als landwirtschaftliche Gärtnerin in der Gartenbauschule Langenlois.  

Unterdessen fing ich an, bei der GeLa Ochsenherz in Gänserndorf, mit Hauptverantwortungsbereich Jungpflanzenanzucht zu arbeiten. Dort arbeitete ich für fast drei Jahre und lernte meinen Partner Tobias kennen.

Das Absolvieren der Ausbildung und die getragene Verantwortung bei Ochsenherz ließen mein Gespür und Selbstbewusstsein im Umgang mit Pflanzen erheblich wachsen.  Mit der Zeit wuchs aber auch der Wunsch nach noch mehr Gestaltungsfreiheit in der Entscheidung, wie wir arbeiten wollen. 

Nun steht ein neues Kapitel an: Tobias und ich wagen hier im Mühlviertel ein Experiment und wollen so aus dem Kleinen heraus etwas verändern: gutes Essen und schöne Blumen für uns und euch mit Blick in die Zukunft produziert.